Kognitiv Therapeutische Übungen nach Prof. Perfetti

Eine Schädigung des (Zentral)Nervensystems z.B. durch Schlaganfall, MS oder anderer Ereignisse erfordert eine Rehabilitation des gesamten Systems Mensch. Das Gehirn befindet sich in einem Zustand gestörter Lernfähigkeit und muss durch Aktivierung kognitiver (kognigere: Lat.: erkennen) Prozesse angeregt werden. Für den Patienten scheinen die Probleme im Arm oder im Bein zu liegen wenn diese gelähmt sind oder den eigenen Bewegungsvorstellungen nicht mehr gehorchen. Das Problem liegt aber im Gehirn, es ist die Steuerung, die nicht mehr korrekt funktioniert. Die Therapie sollte also im Gehirn ansetzen.

Eine zentrale Fähigkeit des Menschen ist der Erkenntnisprozess. Ohne Erkennen sind Bewegungen nicht möglich: Wo befindet sich mein Arm? Wo befindet sich der Gegenstand? In welcher Relation stehen beide zueinander? Wie schwer ist das Objekt? Ist es weich oder hart? Ist die Oberfläche glatt oder rau? Ohne dieses Wissen kann der Mensch sich nicht zielgerichtet und angemessen bewegen bzw. seine Muskeln nicht auf die richtige Weise einsetzen. Solche Informationen sind also unerlässlich und im Normalfall liegen sie uns innerhalb von Millisekunden vor, ohne dass es uns bewusst würde. Oft haben wir sie als „Erfahrungen“ bereits abgespeichert. Jede Bewegung wiederum liefert dem Gehirn auch neue Informationen, die sinnvoll in die bisherigen integriert werden müssen. Solche komplexen Aufgaben kann ein geschädigtes Nervensystem nicht mehr leisten. Es zeigt sich also, dass es eine Einheit zwischen Körper und Geist geben muss, deren Integrität gewahrt bzw. wiedererlangt werden soll.

Das therapeutische Vorgehen, dass aus diesen Erkenntnissen resultiert, muss den Menschen als ein komplexes System begreifen: Bewegung, Wahrnehmung und mentale Prozesse werden nicht mehr isoliert betrachtet und behandelt weil sie für das korrekte Erkennen gleichzeitig und in gegenseitiger Abhängigkeit stattfinden müssen.
Demzufolge ist der Wahrnehmungsprozess ein wichtiger Teil der Bewegung. Es handelt sich um einen Informationskreislauf, der keinen Anfang und kein Ende kennt weil jede Bewegung Informationen liefert – Informationen ihrerseits aber unerlässlich für Bewegungen sind. Ist dieser Kreislauf gestört, können keine physiologischen Bewegungsabläufe generiert werden.

Das zentrale Element der Therapie ist der Lernprozess. Lernen ist aber ohne Aufmerksamkeit nicht möglich. Daher ist die aktive und gerichtete Aufmerksamkeit von großer Bedeutung. Der Patient soll seine Aufmerksamkeit auf bestimmte Faktoren seines Körpers und der Aussenwelt (Objekte) legen, um variable Bewegungen entstehen zu lassen und pathologische Elemente (z.B. Spastizität) zu kontrollieren.
Nicht mehr der Therapeut „hemmt“ oder „bahnt“ Bewegungen an, sondern der Patient soll lernen, seine mentalen Fähigkeiten einzusetzen um zu physiologischen Bewegungen zu gelangen.

Unsere Vorgehensweise

Um die Aufmerksamkeit auf die wichtigen Elemente zu richten und kognitive Prozesse anzuregen, werden Übungen durchgeführt, die immer ein Problem enthalten, welches nur durch Bewegung (gleichgültig ob aktive oder passive) und durch Denkprozesse zu lösen ist. Das kann z.B. bedeuten, dass der Patient bei geschlossenen Augen eine bestimmte Figur aus anderen wieder erkennen muss. Da er die Figur nicht sehen kann, muss er seine Bewegung (oder wenigstens seine Muskelspannung) so programmieren, dass sie ihm optimale Informationen über das Objekt liefert. Er muss sich an alle Objekte erinnern eine interne Hypothese aufstellen und diese schließlich überprüfen. Denkvorgänge also, die mittels Bewegung entstehen und nur durch Bewegung zu einem Ergebnis führen, womit wir das System als ganzes aktiviert haben und nicht nur Teilaspekte.
Aus unserer Sicht sind nur solche Bewegungen zielführend, die für das Gehirn sinnvoll sind, solche also, die ihm Informationen verschaffen. Abstrakte Bewegungen hingegen erscheinen nicht sinnvoll und führen deshalb nur selten zu einem Lerneffekt.

Wann wir dieses Verfahren einsetzen

Angewendet werden Kognitiv-Therapeutische-Übungen heute bei allen Schädigungen oder Verletzungen des zentralen und des peripheren Nervensystems, bei vielen orthopädischen Krankheitsbildern, wie z.B. „CRPS“ (Morbus Sudek) und bei neuropathischen Schmerzen.

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